Nach der Teilnahme an fast 500 Rennen aller Art und Distanzen läuft und absolviert Luca Dalmasso 2018 den Tor des Geants, den härtesten Langstrecken-Trailrennen der Welt. 330km und 24.000 Höhenmeter in einem Zeitlimit von 150 Stunden. Dies reicht aus, um zu verstehen, wie sehr der “Giro dei Giganti” (Tour der Riesen) im Aostatal ein gewaltiges Unterfangen ist, sowohl physisch als auch mental. Ein Rennen, das die Leidenschaft für das Laufen mit einer großen Liebe zu den Bergen verbindet.
Wann entstand die Idee, das Buch „Unter den Riesen des Tor des Géants“ zu schreiben?
Es war alles ziemlich zufällig. Bei meinen verschiedenen Ausflügen habe ich immer ein Tagebuch geführt, um die Orte, Namen und Menschen, die ich traf, nicht zu vergessen, und bei dem Tor des Géants habe ich dasselbe getan. Abgesehen davon, dass mir klar wurde, dass es eine so tolle Reise war, schaffte ich 16 Seiten zu schreiben, ohne auch nur die Hälfte des Rennens zu beschreiben. Als ich das Tagebuch fertig hatte und es noch einmal las, wurde mir klar, dass es ein Buch werden könnte. Also, habe ich versucht, es dem Verlag Fusta zu schicken, ohne etwas davon zu erwarten. Nach einer Woche rief der Editor mich an und sagte, der Text gefiele ihm.
Es wird oft angenommen, dass man, um Geschichten zu erzählen, eine gewisse Autorität haben muss. Dein Buch hingegen deutet darauf an, dass jeder die Möglichkeit haben kann, eine Erfahrung zu erzählen, die man für wichtig hält.
Der Funke hatte bereits 2016 stattgefunden, als ich am Twin-Tor-Rennen teilgenommen hatte. Es lief nicht gut, weil ich es nicht zur Ende brachte, aber als ich nach Hause kam, stellte ich fest, dass es viele Leute gab, auch nicht unbedingt in meiner Umgebung, die mir während des Rennens gefolgt waren. Ich entdeckte, dass diese Leute begeistert waren und das hat mich sehr beeindruckt; Dies war ein bisschen der Antrieb, der mich zu der Annahme veranlasste, dass ich viel zu erzählen hatte, obwohl ich ein „mittelmäßiger“ Athlet bin.
Das Schöne an diesem Rennen ist vielleicht, dass niemand wirklich “mittelmäßig” ist, denn schon allein die Vorbereitung ist eine Herausforderung, die man gegen sich selbst gewinnt.
Die Vorbereitung und Durchführung dieses Rennens ist eine echte Reise, die man mit sich selbst unternimmt. Man ist gezwungen viele Stunden allein zu verbringen, in sich selbst die Kraft zu finden um weiterzukommen, auch wenn man immer müder ist und weniger klar denkt. Es gibt niemanden, der für dich Entscheidungen trifft, man musst alles alleine bewältigen.
Gehen wir einen Schritt zurück. Wann hast du mit dem Laufen angefangen?
Ich habe mit 13 Jahren angefangen und habe in allen Jugendkategorien Leichtathletik trainiert und an einigen Wettkämpfen aller Art teilgenommen. Aber schon damals waren meine Favoriten die in den Bergen. Dann widmete ich mich für einige Jahre anderen Sportarten, insbesondere dem Skibergsteigen und Klettern, bei denen ich auch Instruktor wurde. Dadurch konnte ich viel Bewusstsein für sicheres Bewegen in den Bergen entwickeln. Später begann ich aus persönlichen Gründen diese Sportarten ein wenig aufzugeben, um nur das zu praktizieren, was mir gut tat: Laufen und Wandern. In den selben Jahren begann das Trailrunning, eine bis dahin fast unbekannte Disziplin, zu explodieren. Trailrunning ist einfach mein perfekter Lebensraum wegen der Distanzen, die man zurückliegt, genau auf halbem Weg zwischen Wandern und klassischem Berglauf.
Wann kam in deinem Fall der Antrieb dazu, bei einem Rennen wie dem Tor Teil zu nehmen?
Der Antrieb war einen Freund, der am Rennen teilgenommen hat. Ich hatte nie daran gedacht, es auch zu tun, aber dank ihm wurde ich sehr begeistert von der Veranstaltung und innerhalb von ein paar Jahren habe ich das ganze Rennen praktisch auswendig gelernt, obwohl ich noch nie einen Zentimeter der Strecke bestritten hatte. Ich dachte jedoch immer, dass es nichts für mich war, dann durchlebte ich aufgrund einiger unangenehmer Episoden in meinem Leben eine schwierige Zeit und als kleine Herausforderung meldete ich mich für das Zwillingsrennen an, über das ich vorhin sprach. Ich habe es nicht zu Ende gebracht, aber dieser erste Misserfolg hat mir den Wunsch nach Revanche geweckt und ich habe zwei Jahre lang an kaum etwas anderes gedacht, mich körperlich und geistig auf jede Weise auf diese Herausforderung vorbereitet.
„In den selben Jahren begann das Trailrunning, eine bis dahin fast unbekannte Disziplin, zu explodieren.
Trailrunning ist einfach mein perfekter Lebensraum wegen der Distanzen, die man zurückliegt, genau auf halbem Weg zwischen Wandern und klassischem Berglauf.“
Woher kommt der Mut, sich einem so anspruchsvollen Rennen zu stellen?
So wie ich sie angegangen bin, hat mir die Vorbereitung Spaß gemacht. Als Bergliebhaber waren die Ausflüge in Sichtweite des Tors einfach nur Bergtouren. Meine Freizeit verbrachte ich praktisch nur damit. Doch so gut man sich auf alle möglichen unvorhergesehenen Ereignisse und deren Bewältigung vorbereiten kann, passieren im Rennen so viele Dinge, dass man oft auf der Stelle improvisieren muss. Der Grat zwischen dem Richtigen oder dem Falschen ist sehr dünn, vor allem wenn man mit den Kilometern mitgeht. Trotzdem hatte ich vor der Abreise keine Angst. Bis zum Schluss behielt ich trotz der Müdigkeit meine Klarheit und hatte fast keine Probleme. Paradoxerweise war das Rennen für mich so wahnsinnig, dass ich jetzt fast Angst habe, es zu wiederholen.
Es gibt nicht viele Rennen wie das Tor, vielleicht gar keine, aber wenn du andere Wettbewerbe auswählen müsstest, an welchen würdest du teilnehmen?
Ein italienischer Wettbewerb, der kürzlich eine positive Wendung genommen hat, ist der Lavaredo, den ich bereits 2019 gerennt habe, aber früher oder später möchte ich ihn wieder machen, um ihn in vollen Zügen zu genießen. Andererseits gibt es im Ausland das historischste Ultra-Trail-Rennen Western States, in Kalifornien. Ich würde es sehr gerne eines Tages durchführen können.
Wie schwierig ist es, Kinder ans Laufen heranzuführen?
Es ist sehr schwierig, weil es aus organisatorischer Sicht keine Grundlagen gibt. Aber ich habe gesehen, dass die wenigen Male, in denen ich etwas mit den Kleinen machen konnte, ein großes Interesse bestand. Es sind nicht die Kinder, die sich diesem Sport nicht nähern wollen: Wir müssen besser darin sein, sie einzufangen. Auf der anderen Seite finde ich es sehr schwierig, Erwachsene dazuzubringen, Annäherungskurse zu besuchen, weil die heutige Welt uns zu glauben führt, dass wir dank Social Media bereits alles wissen. Daher sind auch immer mehr Menschen nicht vorbereitet um an den verschiedenen Rennen teilzunehmen.